In dieser Runde hatten wir Würselen zu Gast und waren nach langer Zeit mal wieder in unseren Kellerraum ausgewichen, da die Mensa an diesem Wochenende nicht zur Verfügung stand. Dort, in unserem regulären Vereinsheim, war es recht gemütlich, aber da gleich zwei Mannschaften anreisten – unsere beiden dritte spielten ebenso gegeneinander – mussten wir halt etwas näher zusammenrücken. Bei all den netten Leuten war das natürlich überhaupt kein Problem.
Würselen war leider von vornherein krankheitsbedingt in beiden Fällen mit einem Brett im Nachteil, sodass zufällig ich mich diesmal in der Rolle des Zuschauers wiederfand. Das macht mir so gar nichts aus, konnte ich mich doch damit viel besser auf viele schöne und einige höchst spannende Partien konzentrieren.
Die erste davon entschied Dietmar recht zügig für sich. Er sah sich mit den weißen Steinen der Drachenvariante im Sizilianer gegenüber und folgte dem Plan, nach eigener langer Rochade den Königsflügel anzugreifen. Schwarz setze dem nicht genügend entgegen, sodass Dietmar sein Zentrum etablieren und eine freie g-Linie schaffen konnte, während er auf dem Damenflügel unbehelligt blieb. So dauerte es auch nicht sehr lange, bis die verteidigenden Leichtfiguren weggetauscht waren und Dietmars Schwerfiguren Ihre Wirkung voll entfalten konnten.
Währenddessen hatte Dennis als Nachziehender zu verteidigen, was ihm auch sehr gut gelang. Auf beiden Seiten blieb es bei einem soliden Aufbau ohne Mätzchen, es wurde gut gedeckt, getauscht, Drohungen und offene Linien immer im Blick. Zum Schluss einigten sich beide mit Zufriedenheit auf ein Remis – in dieser Situation natürlich zu unseren Gunsten.
Denn dann erntete Andreas mit weiß die Früchte seines (nordischen?) Gambits, durch das er sich Entwicklungsvorsprung schuf und freie (c+d-)Linien vorbereitete. Nach kurzer Rochade (auf die der Gegner verzichtete und scheinbar mit dem König auf f7 lieber die Zentrumsbauern zu unterstützen suchte) konzentrierte sich Andreas darauf, den Druck immer weiter gegen ungünstig platzierte Zentrumsbauern zu erhöhen. Schwarz war daher sehr damit beschäftigt, angegriffene Bauern zu verteidigen, wobei es jedoch an Platz mangelte. Andreas Springer dagegen konnten – unterstützt von den Schwerfiguren – unangenehme Positionen einnehmen und ein schwarzer Ausbruchsversuch besiegelte das Schicksal, weil dann auch die Läufer ihre Wirkung zu 100% entfalten konnten und nicht zuletzt die ungünstige Königsposition mindestens zu deutlichem Materialverlust geführt hätten. (Da war ich leider nicht mehr ganz bei der Sache, aber so muss es gewesen sein 🙂
Wer mitrechnet wird bemerken, dass uns zu diesem Zeitpunkt nur noch ein weiteres Remis zum Mannschaftssieg fehlte. Dies beherzigte unser Paul, der nach seinem Königsgambit Mühe hatte, daraus seine Vorteile zu ziehen. Stattdessen musste er hart arbeiten, um den rückständigen Bauern zurückzuerobern. Das allerdings gelang ihm und das resultierende Endspiel mit Springer und verschiedenfarbigen Läufern entlockte ihm das erste Remisangebot. Aus nachvollziehbaren Gründen wurde dies ausgeschlagen, allerdings waren die Maßnahmen des Gegners ohne die von ihm gewünschte Wirkung. Stattdessen brachte er seine Leichtfiguren durch seine Aktivität in gewisse Bedrängnis, gab dann seinen Läufer für den Springer und musste aufpassen, dass er seinen eigenen Springer nicht fangen lässt – nur ein Bauernopfer konnte diesen retten. Damit und mit einem guten Läufer war Paul eher auf der Siegesstraße. Aber auch hier habe ich wieder nicht aufgepasst und man einigte sich dann doch auf ein Remis. Man weiß ja wie Springer sind, Gabeln und so. Aber wen juckt’s, der Sieg ist unser!
Nur wenig später verteidigte Markus mit schwarz ein Remis. Ähnlich wie in Dennis Partie war hier im Mittelspiel beiderseits alles gut abgesichert, wobei Markus zwischenzeitlich eine offene b-Linie unter Kontrolle brachte. Auf der anderen Seite entwickelte sich bei ihm ein isolierter Bauer, der offenbar dann zum Endspiel hin auch fiel. Das aber war nicht mehr spielentscheidend, denn, nachdem der letzte Turm getauscht war, blieben als Figuren nur noch verschiedenfarbige Läufer übrig. Alle Bauern standen beidseitig auf der richtigen Farbe, Markus König hatte eine deutlich bessere Position, sodass auch der gegnerische Mehrbauer, der ohnehin nicht frei war, keine Gefahr darstellte. Ein Remis war der einzig logische Schluss.
Jetzt laufen also noch zwei Partien und langsam kitzelt bei dem ein oder anderen die Zeitnot. Und das vorweggenommen: In beiden Partien gibt es gewisse Parallelen, jeweils eine schicksalhafte Wendung und bei den Zuschauern je nach Herkunft ein schmunzelndes und ein weinendes Auge.
Auf unserer Seite waren beide Partien mit schwarz und erwartungsgemäß galt es zunächst, den Temponachteil auszugleichen. Bei Manfred lief dies zunächst auch zäh, er konnte aber unter Inkaufnahme eines isolierten Damenbauerns seine Entwicklung abschließen und Gegenspiel generieren. Beide Seiten waren kurz rochiert. Weiß war natürlich nicht faul in der Zeit, hatte mehr Raum und die Leichtfiguren waren etwas aktiver. Nachdem Manfred zwei seiner Leichtfiguren investierte, um einen Turm und zwei Bauern abzuholen, wurde dies noch etwas deutlicher. Er musste aufpassen! Die weißen Läufer schielten zum einen in Richtung Damenflügel, des weiteren hatte weiß freie a-, f- und Zentrumslinien, über die der verbliebene Turm und die Dame gut wirken konnten, auch zum Königsflügel hin. Manfreds Damenbauer fiel, aber die eigenen Türme konnte er so positionieren, dass die empfindlichen Stellen abgedeckt waren. Ein etwas ambitioniertes Spiel des durchaus kombinationsstarken Gegners führte derweil dazu, dass die ein oder andere Figur zu fallen drohte, mit auch entsprechendem Ergebnis. Trotzdem war der Druck groß und Manfred musste schon die ganze Partie über viel Zeit investieren. Am Ende war die Stellung allerdings für Manfred hinreichend entschärft und der Materialvorteil hätte ausgereicht. Hätte! Denn dann schlug -unter Zeitdruck- der Fehlerteufel zu. Statt einen defensiven Rückzug zu wählen übersah Manfred in Konzentration auf seine eigenen schnellen Mattsetzpläne ein übles Abzugsschach, was ihn selbst in den schnellen Verlust stürzte. So ärgerlich! Des einen Leid, des anderen Freud…
Ähnlich, wenn auch nicht ganz so extrem, war es bei Klaus-Peter – nur andersrum. Schwarz blieb hier nach der Eröffnung etwas gedrungen und K.-P. gab einen Springer für zwei Bauern, den er zuvor aktivieren wollte aber ungünstig platzierte. Weiß hatte zudem volle Kontrolle über die d-Linie und holte sich dort einen Bauern zurück. Soweit war eigentlich alles klar, das Ende schien vorherbestimmt. Aber wie heißt es so schön, man soll die Flinte nicht in den Korn werfen, bevor man ihn getrunken hat. Bei kurzen Rochaden spielte sich das Geschehen auf dem Damenflügel ab, wo K.-P. mit seiner Dame Unruhe stiftete und mit den Türmen die c-Linie unter Kontrolle zu bringen suchte. Zur Verdopplung kam es aber nicht, stattdessen bildete K.-P. eine Fesselung eines bereits angegriffenen Springers und bedrohte gleichzeitig einen inzwischen nur noch durch die Dame gedeckten Turm. Und hier passierte dem Gegner der Fehler, der dazu führte, dass Klaus-Peter den Springer mit seinem Turm nehmen konnte. Weiß musste einfach mit der Dame zurücknehmen, sodass schwarz wiederum den nun ungedeckten Turm schlagen konnte. Bilanz: Auf einmal sind die weißen Vorteile futsch, und Klaus-Peter hat einen Bauern mehr. (So ärgerlich! Des einen Leid, des anderen Freud…) Die Stellung war so für weiß zwar nicht komplett aussichtslos, aber K.-P. konnte einen weiteren Bauern abholen, während der Gegner schon deutlich in Zeitnot war. Und so endete dann auch diese Partie.
Fazit: Saisonziel erreicht! Der mathematische Beweis ist zwar noch nicht erbracht, aber nun ist uns der Klassenerhalt sicher.
Auch unsere 3. Mannschaft hat triumphiert und auswärts punktete unsere 2. ebenso! Mal wieder ein Samstag nach unserem Geschmack…