Wir sind optimistisch an die Sache herangegangen, hatten wir doch in der letzten aktiven Saison gegen die ASG ein 18:14 geschafft. Die ASGler wollte sich dafür natürlich revanchieren und es hat sich herausgestellt, dass es diesmal ungleich schwerer wurde und zwischenzeitlich eher nach einer Mannschaftsniederlage aussah.
Nachdem Michael als erster die Waffen strecken musste, was ihn selbst am meisten wurmte, hat unser Neuzugang Klaus Leser als Ersatzspieler trotz Mangel an Turniererfahrung seine Spielstärke bewiesen und seine Gegnerin recht zügig besiegt. Hier habe ich allerdings nicht viel vom Partieverlauf mitbekommen, deswegen fällt der Teil hier etwas kürzer aus. 😉
Währenddessen schaffte sich Paul die in meinen Augen interessanteste Stellung des Abends, bei der man sich im Nachhinein fragt, wie es dazu kam. Mit einer Mehrleichtfigur in einer zunächst recht geschlossenen Stellung hatte er mit einem wandernden Bauern auf dem Köngisflügel zu kämpfen, neben dem sich einige taktische Raffinessen des Gegners gesellten. Paul war aber in der Lage, sämtliche Drohungen abzuwehren, was in eine für ihn immer noch deutlich vorteilhafte Stellung mündete. Der Gegner gab dann – auch angesichts seines bereits arg geschrumpften Zeitkontigents – auf.
Mittlerweile hatte sich unser erstes Brett Manfred in ein Spiel nur mit Schwerfiguren begeben, was zunächst günstig aussah, da der Gegner einen isolierten Bauern hatte. Allerdings verkehrte sich dieses Bild ins Gegenteil und aufgrund einer Ungenauigkeit war das dann entstandene Einzelturmendspiel nicht mehr zu halten. Der Abschluss dieser „ersten Episode“ fand sich in der Partie von Ingo. Stellungsmäßig war diese nicht uninteressant, wenn auch (für mich) kein klarer Vorteil für eine Seite zu erkennen war. Dennoch lag die Initiative auf Seiten des Gegners, was sich für diesen auch ausgezahlt hat.
Zu diesem Zeitpunkt lagen wir also nach Brettern 2:3 zurück. Schon hier bemerkenswert: Sämtliche Partien wurden durch schwarz gewonnen (bis hierhin und auch am Ende)! Und langsam klopfte die (erste) Zeitnotphase an die Tür…
Mein Spiel war mal wieder typisch Gerrit. Mit wenig fundierter Kenntnis der (Caro-Kann)Eröffnungstheorie hatte ich dem Gegner Vorteile beschert und musste mich erst wieder aus der Situation befreien. Soweit gelang das auch einigermaßen, mündete allerdings in eine absolute Remis-Stellung mit Leichtfiguren und Türmen. Dies war mir mehr oder weniger bewusst, musste aber aufgrund der Punktesituation das Angebot des Gegners ausschlagen. Man versucht also hier und probiert da noch was, beide Seiten machen aber keine Patzer. (Auch der Computer gibt dem Ergebnis recht: Bewertung überwiegend ~0,0)
Meine Hoffnungen lagen währenddessen auf der Partie von John, der sich nachträglich geäußert auch in weiten Teilen wohl fühlte mit seiner Stellung. Plan in dieser Phase war wohl, die Angriffe des Gegners zu parieren und durch endsprechende Gegenmaßnahmen einen positiven Entscheid herbeizuführen. Das allerdings war trotz erster Zeitnotphase des Gegners nicht eingetreten. Am Ende standen Dame gegen Dame mit mehreren Bauern und wenig geschützen Königen auf dem Brett. John hatte zwar noch die Initiative, machte aber riskante Angebote des Damentauschs, die zu einem verlorenen Bauernendspiel geführt hätten (und haben). Allerdings hatte sich der Gegner nach der ersten Zeitkontrolle recht viel Zeit gelassen, sodass er die erste Gewinnchance noch liegen ließ. Als die Damen dann getauscht waren, hatte er nur noch ca. anderthalb Minuten auf der Uhr, sodass er kurzentschlossen Remis anbot, was John annahm. (Gut so, das Risiko wäre zu groß gewesen!)
Kommen wir also zur letzten offenen Partie von Jürgen, mit schwarz, die wohl die nervenaufreibendste war. Eingangs war diese geprägt vom Kampf um und Verteidigung der weißen Zentrumsbauern. Hier war die erste Zeitnotphase nicht direkt ausschlaggebend, aber dennoch nervenzehrend. Jürgen war zeitlich noch im Vorteil, der Gegner schaffte es aber, seine 40 Züge zu machen. Ergebnis war ein (oft ja remises) Einzel-Turmendspiel mit einem weißen Bauern noch weiter hinten am Damenflügelrand, während Jürgen 4:3 Bauern am Königsflügel steuerte. Hier – Johns und meine Partie liefen noch – gab es vom Gegner ein Remis-Angebot. Die Mannschaftsführung macht grundsätzlich keine Vorgaben in solchen Situationen, und wir haben Jürgens energischer Entscheidung zu verdanken, dass am Ende ein 4:4 resultierte. Denn anschließend hat auch sein Gegner sich offenbar etwas Zeit gelassen und es hat sich – ob dies nun Ursache dafür war oder nicht – gegen Ende aufgrund einer Ungenauigkeit eine klare Gewinnchance für Jürgen aufgetan, die er auch souverän nutze. Top!
Fazit: Die Spieldauer von maximal 6 Stunden haben wir so gut wie ausgenutzt. Nicht nur deswegen war es in der Tat ein harter Kampf. Auch der Gastgeber hat angemerkt, dass ein Kampf solcher Intensität lange her sei.
Und wie wir hier auch wieder sehen: Es kommt nicht (nur) auf Siege an, jedes Brett zählt! – Gerrit Boeven